OLG München, Beschluss vom 13. März 2017 – Az. Verg 15/16
Sachverhalt
Eine Sektorenauftraggeberin schreibt die Planungsleistungen für die Tragwerks- planung eines Verwaltungsgebäudes im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb europaweit aus.
OLG München, Beschluss vom 13. März 2017 – Az. Verg 15/16
Eine Sektorenauftraggeberin schreibt die Planungsleistungen für die Tragwerks- planung eines Verwaltungsgebäudes im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Dabei stellt es zum Zeitpunkt der Auftrags- bekanntmachung ausschließlich die Vergabeunterlagen für den Teilnahme- wettbewerb zur Verfügung. Die Vergabeunterlagen für die sogenannte Angebots- phase können dagegen nicht sofort abgerufen werden.
Ein Unternehmen rügt unter anderem, dass die Auftraggeberin es unterlassen habe, sämtliche Vergabeunterlagen bereits zum Zeitpunkt der Auftragsbekannt- machung abrufbar zur Verfügung zu stellen.
Der Vergabesenat des OLG München hält den Nachprüfungsantrag hinsichtlich dieser Rüge für zulässig und begründet. In der fehlenden Bereitstellung der gesamten Vergabeunterlagen liegt – nach Einschätzung des Gerichts – eine Verletzung von § 41 Abs. 1 SektVO. Nach dieser Vorschrift hat der Auftraggeber bereits in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessens- bestätigung eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen vollständig abgerufen werden können. Damit sind auch im zweistufigen Vergabeverfahren, also insbesondere im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, bereits mit der Auftragsbekanntmachung die Vergabe- unterlagen allen interessierten Unternehmen zur Verfügung zu stellen, jedenfalls soweit diese Unterlagen bei Auftragsbekanntmachung in einer finalisierten Form vorliegen können.
Die Entscheidung ist zutreffend. Spätestens seit dieser Entscheidung muss Auftraggebern klar sein, dass die Pflicht zur vollständigen Bereitstellung der Vergabeunterlagen zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung ernst genommen werden muss, da sie sich ansonsten angreifbar machen.
Öffentliche Auftraggeber können sich dabei auch nicht darauf berufen, dass diese Pflicht lediglich eine Besonderheit für Sektorenauftraggeber ist. Denn die Pflicht zur vollständigen Bereitstellung der Vergabeunterlagen ergibt sich nicht nur aus § 41 Abs. 1 SektVO, sondern auch aus § 41 Abs. 1 VgV und § 12a EU Abs. 1 Nr. 1 S. 1 VOB/A (für eine ausführliche Untersuchung von § 41 Abs. 1 VgV siehe Probst/Winters, CR 2016, 349 (350)). Das bedeutet, dass auch bei der Durchführung von zweistufigen Vergabeverfahren im Anwendungsbereich der VOB/A-EU bzw. VgV die Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Auftragsbekannt- machung vollständig abrufbar sein müssen.
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