OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018 – Az. Verg 24/18
Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) schreibt im Rahmen eines Bauvorhabens einen Auftrag zur Ausführung von Dachdecker- und Klempnerarbeiten im offenen Verfahren europaweit aus.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018 – Az. Verg 24/18
Der Auftraggeber (AG) schreibt im Rahmen eines Bauvorhabens einen Auftrag zur Ausführung von Dachdecker- und Klempnerarbeiten im offenen Verfahren europaweit aus.
In der Auftragsbekanntmachung findet sich ein Link, der zu den Vergabeunterlagen führt. Die Vergabeunterlagen enthalten u.a. ein Beiblatt mit Eignungsanforderungen und eine Auflistung „Projekt […] Eignungsvorgaben“. Nach diesen Unterlagen ist zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit u.a. ein „Nachweis Jahresumsatz der letzten 3 Jahre, mindestens … EU netto je Kalenderjahr“ beizubringen.
Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit fordert der Antragsgegner in den Vergabeunterlagen u.a. Referenzen, die durch einen Sachverständigen geprüft werden sollen und die neben textlichen Angaben aussagekräftige Bilder zu wesentlichen Punkten wie Dachflächen, Kehlen, Wandanschlüssen, Durchdringungen und Gauben enthalten sollen. Zugleich stellt er Mindestanforderungen an das Stammpersonal auf, das für die Baustelle bereitzustellen ist.
In der Auftragsbekanntmachung werden die vorgenannten Eignungskriterien und Eignungsnachweise hingegen nicht benannt.
Innerhalb der Angebotsfrist reichen u.a. der Antragsteller (ASt) und die Beigeladene (Bg) Angebote ein.
Nach der Angebotsprüfung und -wertung teilt AG dem ASt mit, dass sein Angebot die Mindestanforderungen an den Jahresumsatz der letzten drei Jahre und an das Stammpersonal nicht erfülle, sodass ihm der Zuschlag nicht erteilt werden könne.
Der ASt geht im weiteren Verlauf gegen den AG im Wege eines Vergabenachprüfungsverfahrens vor.
Der Vergabesenat des OLG Düsseldorf hält den Nachprüfungsantrag für zulässig und begründet.
Der Ausschluss des Angebots des ASt gemäß § 122 GWB i.V.m. § 16b EU VOB/A wegen Nichterfüllung der Mindestanforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit ist nach Auffassung des Gerichts nicht berechtigt. Zwar habe das Unternehmen des ASt den in den Vergabeunterlagen geforderten Mindestumsatz je Kalenderjahr in den letzten drei Kalenderjahren vor Angebotsabgabe unstreitig nicht erreicht. Hierauf dürfe der Ausschluss des Angebots jedoch nicht gestützt werden. Eignungskriterien müssen – so das Gericht – gemäß § 122 Abs. 4 S. 2 GWB in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufgeführt werden. Zugleich seien gemäß § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 S. 1 VOB/A die geforderten Nachweise anzugeben.
An der Einhaltung dieser Erfordernisse fehle es im Streitfall. Den in der Auftragsbekanntmachung unter Ziffer III.1.2) zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit aufgeführten Angaben lassen sich Vorgaben zum Mindestumsatz und den hierzu beizubringenden Nachweisen nicht entnehmen. Der in der Auftragsbekanntmachung enthaltene Link zu den Vergabeunterlagen könne die Mitteilung der Eignungskriterien und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung nicht ersetzen. Wörtlich führt der Vergabesenat in seiner Entscheidung aus:
„Der Senat hat als unzulässig erachtet, wenn der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der vorzulegenden Eignungsunterlagen lediglich auf die Vergabeunterlagen verweist […].
In seiner Entscheidung vom 16.11.2011 hat er jedoch einen Link auf das Formblatt Eigenerklärung zur Eignung, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergaben, als ausreichend erachtet und für maßgebend gehalten, dass am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu dem Formblatt gelangen konnten […].
An dieser Rechtsprechung hält der Senat unter Geltung des neuen Rechts fest.“
Zur Begründung seiner Auffassung führt der Senat Folgendes aus:
„Der Wortlaut des Art. 58 Abs. 5 der Richtlinie 2014/24/EU, des § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, des § 48 Abs. 1 VgV und des § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/A i.V.m. Anhang V Teil C der Richtlinie 2014/24/EU ist jeweils eindeutig. Die geforderten Eignungskriterien und/oder Nachweise sind bereits in der Auftragsbekanntmachung anzugeben. Sinn und Zweck der Regelungen ist, dass potentielle Bewerber / Bieter bereits aus der Auftragsbekanntmachung die in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht gestellten Anforderungen ersehen können, um anhand dieser Angaben zu entscheiden, ob sie sich an der Ausschreibung beteiligen können und wollen. Nur wenn diese Angaben frei zugänglich und transparent sind, können sie diesem Zweck der Auftragsbekanntmachung gerecht werden.“
Die Entscheidung ist zutreffend. Die OLG Düsseldorf zitierten Normen lassen keine andere Auffassung zu. Auftraggebern ist anzuraten, die von ihnen aufgestellten Eignungskriterien und geforderten Eignungsnachweise in der Auftragsbekanntmachung zu benennen. Ein Link, der zu den Vergabeunterlagen führt, ist für eine wirksame Aufstellung von Eignungskriterien und wirksame Forderung von Eignungsnachweisen nicht ausreichend. Es kann den Bietern nicht zugemutet werden, dass sie die gesamten Vergabeunterlagen hinsichtlich etwaiger Eignungskriterien und Eignungsnachweise durchsuchen müssen.
Bemerkenswert an der Entscheidung ist jedoch auch, dass es das OLG Düsseldorf (weiterhin) für ausreichend hält, wenn die Auftragsbekanntmachung einen Link enthält, der direkt (!) zu den Eignungskriterien und Eignungsnachweisen führt. Da ein solches Vorgehen allerdings keine erheblichen Vorteile mit sich bringt, ist im Sinne einer größtmöglichen Transparenz hiervon abzuraten. Wie bereits ausgeführt, sollten die Eignungskriterien und Eignungsnachweise in der Auftragsbekanntmachung konkret benannt werden.
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