VK Nordbayern
In vielen Ausschreibungen, insbesondere solchen zur Vergabe von freiberuflichen Leistungen, werden Präsentationen bzw. Verhandlungsgespräche durch ein Gremium bewertet. In diesem „Dunstkreis“ bewegt sich nunmehr auch der Beschluss der VK Nordbayern vom 22.10.2021 (RMF-SG21-3194-6-23, abrufbar unter folgendem Link). Im Kern ging es um handschriftliche Notizen eines Mitglieds des Bewertungsgremiums im Bewertungsbogen hinsichtlich des Verhandlungsgesprächs/der Präsentation eines Unternehmens…
Die Auftraggeberin schrieb Planungsleistungen zur Sanierung und Erweiterung eines Gebäudes im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb europaweit aus.
Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs wurde unter anderem die spätere Antragstellerin zur Angebotsabgabe aufgefordert; wie auch andere Bieter reichte sie ein erstes Angebot ein und wurde zum Verhandlungsgespräch eingeladen. Das Bewertungsgremium setzte sich aus drei Mitgliedern zusammen, die jeweils getrennt fünf Zuschlagskriterien auf einem Bewertungsbogen beurteilten.
Schlussendlich gaben fünf Bieter, darunter die Antragstellerin, ein finales Angebot ab. Nach Prüfung und Wertung der Angebote erhielt die Antragstellerin ein Vorabinformationsschreiben, in welchem ihr die von ihr erzielten Punkte und die Punktergebnisse des Bestbieters aufgeschlüsselt für alle Zuschlagskriterien und die Ausführungen zur Bewertung der Präsentation übermittelt wurden.
Daraufhin rügte die Antragstellerin erfolglos gegenüber der Auftraggeberin die Wertung. Anschließend stellt sie einen Vergabenachprüfungsantrag bei der VK Nordbayern.
Entscheidung der VK Nordbayern: Durch die fehlerhafte Wertung der Präsentation hat die Auftraggeberin die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt!
Die Wertung durch die Auftraggeberin auf Grundlage der Präsentation weist nach Ansicht der VK Nordbayern Mängel auf.
So sei auf einem Bewertungsbogen eines Jurors in Bezug auf die Antragstellerin unter Ziffer 4 im Unterpunkt „Grundsätzliche Verfügbarkeit während der Planungs- und Ausführungsphase sowie speziell zur Präsenz vor Ort während der gesamten Bauphase“ die Anmerkung „wie soll das bei dem Honorar und der Entfernung funktionieren“ gemacht worden.
Unter Ziffer 5 finde sich im Unterpunkt „Qualitativer Gesamteindruck der Präsentation (z. B. Inhalt, Struktur, Herangehensweise) um Rückschlüsse auf eine spätere Projektarbeit zu ziehen“ die Anmerkung „großes Büro -> wer macht die Arbeit“ und im Unterpunkt Eindruck „Stellvertreter/in“ die Anmerkung „häufige Jobwechsel“ sowie „wirkt wenig motiviert“.
In den genannten Unterpunkten seien dementsprechende Punktabzüge erfolgt.
Dies stelle, so die VK Nordbayern aufgrund der ausdrücklich dokumentierten sachfremden Erwägungen des Jurors eine fehlerhafte Wertung der Präsentation selbst dar und nicht nur eine unzureichende Dokumentation des Wertungsvorgangs.
Zugegebenermaßen waren die Notizen hier schon abenteuerlich. Umso schöner führen sie als Grundlage der Entscheidung der VK Nordbayern jedoch vor Augen, dass sich die Bewertung von Präsentationen im Rahmen der zuvor transparent bekannt gemachten Kriterien bewegen muss. Entsprechend müssen sich auch die der Bewertung zugrunde gelegten Erwägungen an den Kriterien orientieren. Auf sachfremde Erwägungen, also auf Gesichtspunkte, die nicht den Kriterien bzw. deren Ausfüllung zuzurechnen sind, darf hingegen nicht abgestellt werden.
Daher muss sich der Auftraggeber zum einen im Vorfeld genau überlegen, welche Aspekte er bewerten möchte. Zum anderen müssen die Mitglieder des Bewertungsausschusses entsprechend „gebrieft“ sein und dürfen ihrer Bewertung und der diese stützenden Dokumentation nur kriterienbezogene Gesichtspunkte und keinerlei sachfremde Erwägungen zugrunde legen. Dies gilt umso mehr, als die „situative Bewertung“ der Präsentation nicht nachgeholt werden kann.
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