VK Thüringen, Beschluss vom 17. April 2019 – Az. 250-4003-11400/2019-E-006-UH
Der Auftraggeber (Ag) schreibt den Auftrag „Druckoutputmanagement“ im Wege eines offenen Verfahrens europaweit aus.
Schlusstermin für den Eingang der Angebote ist der 3. April 2019, 23:59 Uhr. Die Frist für Bieterfragen endet laut Vorgaben des Ag am 27. März 2019.
Am 3. April 2019, 09:08 Uhr, also am Tag des Ablaufs der Angebotsfrist, teilt die Antragstellerin (Ast) dem Ag unter dem Betreff „Bieterfragen“ mit:
„Sehr geehrte Damen und Herren, wir bitten um Beantwortung unserer Bieterfragen siehe Anhang.“
Sodann folgen mehrere Fragen bezüglich der Vergabeunterlagen, die nach Auffassung der Ast „verschiedene Unklarheiten“ enthalten.
Hierzu teilt der Ag der Ast am 3. hierzu 2019, 16:18 Uhr, über die e-Vergabe-Plattform nur Folgendes mit:
„Die Frist für Bieterfragen, wie in der Bekanntmachung veröffentlicht, ist am 27.03.2019 abgelaufen. Die Bieterfragen werden somit nicht mehr beantwortet. Bitte berücksichtigen Sie, dass die Angebotsfrist heute, am 03.04.2019 um 23.59 Uhr endet.“
In der Folge reicht die Ast einen Nachprüfungsantrag ein. Darin argumentiert sie, dass die Mitteilung vom 3. April 2019 als Rüge zu verstehen sei.
Ohne Erfolg. Nach Auffassung der Vergabekammer fehlt es bereits an einer Rüge, sodass sie den Nachprüfungsantrag als unzulässig verwirft.
Wesentlicher Zweck der Vorschrift des § 160 Abs. 3 GWB sei es, dass ein Auftraggeber durch eine Rüge die Möglichkeit erhält, etwaige Vergaberechtsfehler zu korrigieren.
Was die inhaltlichen Anforderungen an eine Rüge angeht, fordere § 160 Abs. 3 GWB zwar lediglich die Angabe von Verstößen gegen Vergabevorschriften. Im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes seien an die Rüge daher nur geringe Anforderungen zu stellen. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass ein Bieter bzw. Bewerber explizit das Wort „Rüge“ verwende. Die Rüge müsse jedoch objektiv und vor allem auch gegenüber dem Auftraggeber deutlich sein und von diesem so verstanden werden, welcher Sachverhalt aus welchem Grund als Verstoß angesehen werde.
Der Bieter bzw. Bewerber müsse den Vergabeverstoß und die Aufforderung an den öffentlichen Auftraggeber, den Verstoß abzuändern, konkret darlegen. Beide Tatsachenvorträge seien – auch bei wenig restriktiver Auslegung – unverzichtbare Bestandteile der Rüge. Zum Ausdruck kommen müsse hierbei, welchen Sachverhalt das Unternehmen für vergaberechtswidrig halte und dass es dem Auftraggeber vor Anrufung der Vergabekammer die Möglichkeit einer Selbstkorrektur geben möchte. Entscheidend sei, dass die Vergabestelle die Aussage als ernst gemeinte und verbindliche Rüge qualifizieren kann. Es müsse klar sein, dass es sich um eine Beanstandung handele und nicht etwa um Fragen zu tatsächlich oder vermeintlich missverständlichen Formulierungen in den Vergabeunterlagen oder um Anforderungen des Ag, welche die Ast nicht für notwendig oder erforderlich hält.
Um letzteres handele es sich aber bei dem Schreiben der Ast vom 3. April 2019, sodass es an einer Rüge fehle.
Der Einschätzung Vergabekammer ist zuzustimmen. Das Schreiben vom 3. April 2019 erfüllt die Anforderungen an eine Rüge nicht, obgleich diese Anforderungen äußerst niedrig sind. Ein Auftraggeber muss erkennen können, was ein Bewerber bzw. Bieter für vergaberechtswidrig hält und von diesem zur Korrektur aufgefordert werden. Ansonsten wird dem Auftraggeber die Möglichkeit zur Korrektur des eigenen Handelns infolge einer Rüge genommen.
Bietern ist deshalb zu raten, eine Rüge unmissverständlich als Rüge zu formulieren und nicht in einer Bieterfrage zu „verstecken“. Etwaige Diskussionen über die Frage, ob auch tatsächlich eine Rüge vorliegt, können dadurch vermieden werden.
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