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VK Bund, Beschluss vom 8. August 2016 – Az. VK 2-39/16
Sachverhalt
Eine öffentliche Auftraggeberin (Ag) plant die Beschaffung flammhemmender Funktionswäsche. Zur Markterkundung besucht die Ag eine Fachmesse. Die Ergebnisse der dort geführten Gespräche mit Unternehmen der Faserher- stellungsbranche hält die Ag in einem Ergebnisprotokoll fest. Auf dieser Grundlage leitet die Ag ein Vergabeverfahren in Gestalt eines offenen Verfahrens ein.
Die spätere Antragstellerin (ASt) gibt kein Angebot ab. Stattdessen rügt sie das Vorgehen der Ag unter anderem aus folgenden Gründen:
Der Messebesuch stelle keine hinreichende Markterkundung dar, da die Gespräche offenbar ausschließlich mit Firmenvertretern der Faserher- stellerbranche geführt worden seien. Das Vorgehen der Ag sei offensichtlich von vornherein darauf ausgelegt worden, den Beschaffungsbedarf und die Leistungs- beschreibung in Abstimmung mit bestimmten Anbietern und den von diesen verwendeten Lösungsansätzen zu konzipieren, mit denen im Vorfeld Gespräche geführt worden seien.
Die Ag weist die Rüge zurück, woraufhin die ASt einen Nachprüfungsantrag stellt.
Entscheidung
Die Vergabekammer hält den Nachprüfungsantrag für zulässig, aber unbegründet.
Im Hinblick auf den Messebesuch führt die Vergabekammer aus, dass ein Messebesuch ein probates Mittel zur Informationsbeschaffung für die Vorbereitung eines Vergabeverfahrens sei. Die Ag sei auch nicht verpflichtet gewesen, mit allen anwesenden Unternehmen zu sprechen. Zudem liege keine vergaberechtlich relevante Ungleichbehandlung der ASt vor, obwohl die Ag auf der Messe ausschließlich mit Faserherstellern, aber nicht mit der ASt gesprochen habe.
Rechtliche Würdigung und Praxishinweis
Der Entscheidung, die noch auf Grundlage des „alten“ Vergaberechts ergangen ist, ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Vergabekammer stellt hinsichtlich des Messebesuchs zutreffend fest, dass sich öffentliche Auftraggeber zur Verfahrensvorbereitung einer Vielzahl von Erkenntnisquellen bedienen dürfen. Obwohl es in diesem Zusammenhang immer wieder kritische Stimmen gibt, die diesbezüglich restriktive Verhaltensweisen anmahnen (z.B. kein Kontakt im Vorfeld der Vergabe zu potentiellen Bietern, keine bieterbezogene Recherche zum potentiellen Beschaffungsbedarf), ist die Entscheidung der Vergabekammer an diesem Punkt zu begrüßen. Denn Auftraggeber müssen sich eine Marktübersicht verschaffen können. Dies ist teilweise nur durch eine direkte Kontaktaufnahme mit potentiellen Bietern (z.B. bei einem Messebesuch) möglich.
Die Entscheidung liegt im Übrigen auf einer Linie mit der Neuregelung in § 28 Abs. 1 VgV (ähnlich § 2 EU Abs. 7 Satz 1 VOB/A). Danach darf der Auftraggeber vor der Einleitung eines Vergabeverfahrens Markterkundungen zur Vorbereitung der Auftragsvergabe und zur Unterrichtung der Unternehmen über seine Auftragsvergabepläne und -anforderungen durchführen.
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