EuGH – Rs. C-23/20
Sachverhalt
Auch im Jahr 2020 wird darüber diskutiert, ob der Auftraggeber bei einer Rahmenvereinbarung eine maximale Abrufmenge (Gesamtmenge) benennen muss. Nunmehr hat der dänische Spruchkörper „Klagenævnet for Udbud“ am 17. Januar 2020 in dem Verfahren „Simonsen & Weel A/S ./. Region Nordjylland und Region Syddanmark“ folgende Vorlagefragen dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt:
Für den Fall der Bejahung der Frage wird der Gerichtshof außerdem um Klärung gebeten, ob die genannten Bestimmungen dahin auszulegen sind, dass die Angaben, die hinsichtlich der Rahmenvereinbarung gemacht werden müssen, a) zusammen erfolgen müssen und/oder b) für den ursprünglichen öffentlichen Auftraggeber, der bekundet hat, dass er eine Vereinbarung auf der Grundlage der Ausschreibung schließen möchte (hier: Region Nordjylland), und/oder c) für den öffentlichen Auftraggeber, der lediglich bekundet hat, in einer Option teilzunehmen (hier: Region Syddanmark).
Für den Fall der Bejahung der Frage 1 und/oder der Frage 2, wird der Gerichtshof – soweit es abhängig vom Inhalt der genannten Antworten noch erforderlich ist – des Weiteren gebeten, folgende Frage zu beantworten:
Das Verfahren wird beim EuGH unter dem Aktenzeichen C-23/20 geführt.
Entscheidung
Eine Entscheidung des Gerichts steht aus.
Rechtliche Würdigung und Praxishinweis
Wie sich das Gericht bezüglich dieser Fragen positionieren wird, bleibt abzuwarten.
Es ist jedoch anzumerken, dass der EuGH bereits im Jahr 2018 eine Pflicht zur Benennung einer Höchstgrenze bejaht hatte (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 – Rs. C-216/17 „Antitrust und Coopservice“). Die damalige Entscheidung beruhte allerdings noch auf der Richtlinie 2004/18/EG. Diese Richtlinie ist in der Zwischenzeit durch die Richtlinie 2014/24/EU ersetzt worden. Die neue Richtlinie ist nunmehr für die Vorlagefragen des dänischen Spruchkörpers maßgeblich.
Die Vergabekammer des Bundes hatte sich ebenfalls mit der Frage zu befassen, ob bei Rahmenvereinbarungen eine Pflicht zur Benennung einer Höchstgrenze besteht (VK Bund, Beschluss vom 19. Juli 2019 – Az. VK 1-39/19). Die Vergabekammer hatte die Frage auf Grundlage des aktuell geltenden Vergaberechts zu entscheiden und kam dabei zu dem Ergebnis, dass eine Höchstgrenze nicht zwingend zu benennen sei.
In ihrem Beschluss arbeitete die Vergabekammer heraus, dass die vorzitierte EuGH-Entscheidung nicht auf das derzeit geltende Recht zu übertragen sei, da im Zuge der Vergaberechtsreform auch die Regelungen zu den Rahmenvereinbarungen angepasst worden seien. Ob der EuGH dies genauso sieht, dürfte nunmehr im Rahmen des anhängigen Verfahrens entschieden werden.
Bis zu dieser Entscheidung des EUGH dürfte Auftraggebern anzuraten sein, möglichst eine maximale Abrufmenge bei Rahmenvereinbarungen zu benennen. Dies erhöht nicht nur die Transparenz im Vergabeverfahren. Ferner können sie verhindern, dass ein Bieter einen Nachprüfungsantrag mit dem Vorwurf stellt, ein Auftraggeber müsse eine maximale Abrufmenge benennen.
Demgegenüber sollten Bieter möglichst frühzeitig den Kontakt zum Auftraggeber suchen, wenn sie Probleme mit der fehlenden Benennung einer Obergrenze haben. Sollte einem Bieter beispielsweise eine Angebotskalkulation aufgrund dessen nicht möglich sein, kann von ihm erwartet werden, dass er die fehlende Benennung einer Obergrenze zumindest vor Ablauf der Angebotsfrist rügt. Anderenfalls droht dem Bieter, dass ein späterer Nachprüfungsantrag aufgrund einer Rügepräklusion gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 3 GWB zurückgewiesen wird.
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