Neues aus dem EU-Vergaberecht
Bereits ab dem 14.11.2022 ist öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich die Nutzung der sog. eForms zur EU-weiten Bekanntmachung öffentlicher Aufträge möglich. Ab dem 25.10.2023 wird die Nutzung dann endgültig verpflichtend. Was hinter den eForms steckt und was sich durch ihre Einführung in der Praxis verändern wird, erläutern wir in diesem Blogbeitrag.
Bereits am 23.09.2019 hat die EU-Kommission die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 (sogenannte „eForms-Durchführungsverordnung“) veröffentlicht.
Während die bislang auf Grundlage der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 vorgesehenen Standardformulare strukturell auf Papierformularen basieren, sieht die eForms-Durchführungsverordnung eine Ablösung durch elektronische Formate, die sogenannten eForms, vor. Diese sind der neue Standard der EU für Daten, die zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen über beabsichtigte und durchgeführte Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber auf Tenders Electronic Daily (TED) des Amts für Veröffentlichungen der Europäischen Union vorgesehen sind. Mit den eForms verabschiedet sich die Europäische Union endgültig von einer Darstellung der zu veröffentlichenden Daten in Form von Formularen und stellt auf eine rein technische Beschreibung der zu übermittelnden Informationen mit einer entsprechenden Benennung der Eingabefelder ab. Dadurch können die eForms nicht nur auf nationale Besonderheiten angepasst, sondern auch technisch in die unterschiedlichen nationalen Vergabeplattformen integriert werden.
Technisch wird sich für die Mitarbeitenden der Beschaffungsstellen bzw. des Einkaufs der öffentlichen Hand voraussichtlich nicht sehr viel ändern. Denn sie werden in aller Regel weiterhin entsprechend der im jeweils genutzten Vergabeportal vorgegebenen Struktur bestimmte Daten erfassen, die dann im Anschluss an das Amt für Veröffentlichungen der EU übermittelt werden.
Die konkret abgefragten bzw. einzugebenden Daten werden sich allerdings voraussichtlich durchaus ändern, wobei der Umfang der Änderungen noch nicht abschließend vorhersehbar ist. Denn die eForms weisen sowohl Datenfelder auf, deren Nutzung für die Mitgliedstaaten europaweit einheitlich verpflichtend ist, als auch Datenfelder, deren Nutzung nationalen Regelungen überlassen bleibt, sowie solche, die nur optional zu nutzen sind. Dementsprechend betont die EU-Kommission, dass die Entscheidungsträger im öffentlichen Beschaffungswesen angehalten seien, gemeinsam mit Interessenvertretern den nationalen Ansatz für die verschiedenen Aspekte von eForms festzulegen. Diese Aufgabe nimmt in Deutschland seit Herbst 2019 im Auftrag des IT-Planungsrates eine Bund-Länder-Kooperation wahr. Ferner sind als zentrale Akteure die Föderale IT-Kooperation (FITKO) und die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) involviert.
Die Entscheidung, welche nicht verpflichtenden Datenfelder in Deutschland zur Pflicht gemacht werden und wie mit den optionalen Datenfeldern umgegangen werden soll, ist noch nicht abschließend getroffen (oder jedenfalls sind die Ergebnisse des Entscheidungsprozesses noch nicht öffentlich bekannt). Bereits jetzt zeichnet sich aber ab, dass für Vergabestellen der Umfang der zu erfassenden Daten und insbesondere der in der Bekanntmachung anzugebenden Informationen eher zunehmen wird. So werden zukünftig voraussichtlich auch Informationen zur Umwelt- und Klimafreundlichkeit eines Beschaffungsgegenstands sowie andere strategische Aspekte einer Vergabe abgefragt werden. Noch umfassender könnten die Pflichten werden, wenn im Rahmen des nationalen Anpassungsprozesses entschieden werden sollte, die eForms auch für nationale Bekanntmachungen im Unterschwellenbereich zu nutzen, worauf derzeit zumindest einiges hindeutet.
Laut EU-Kommission sollen die eForms den Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit geben, relevante Bekanntmachungen einfacher zu finden, sie sollen gleichzeitig den Verwaltungsaufwand für Beschaffer verringern, die Fähigkeit der Regierungen verbessern, datengestützte Entscheidungen über öffentliche Ausgaben zu treffen, und die Transparenz gegenüber den Bürgern erhöhen. Ob all diese Ziele wirklich erreicht werden können, bleibt abzuwarten. Für Bieter wie Auftraggeber hilfreich wird es aber in jedem Fall sein, dass die zukünftigen eForms Beschreibungen für jedes Datenfeld enthalten. Hierdurch werden Bekanntmachungen voraussichtlich sachdienlicher werden, weil Informationen präziser sind und sich alle Nutzer auf ein Feld mit denselben Angaben stützen können. Des Weiteren ist zu erwarten, dass der Verwaltungsaufwand zumindest in einem gewissen Ausmaß gesenkt wird, weil Beschaffer nicht mehr wiederholt darüber nachdenken müssen, welche Angaben in einem Feld zu machen sind.
Ab dem 25.10.2023 ist die Verwendung der eForms verpflichtend. Das heißt, dass öffentliche Auftraggeber ab diesem Zeitpunkt ihre Bekanntmachungen dem EU-Amtsblatt unter Nutzung der
eForms zur Verfügung stellen müssen und das EU-Amtsblatt ab diesem Zeitpunkt nur noch eForms-Bekanntmachungen akzeptieren und veröffentlichen wird. Ob die Übersendung der zu veröffentlichenden Informationen an das EU-Amtsblatt wie bislang direkt (also von der Vergabeplattform per Schnittstelle an das EU-Amtsblatt) oder aber zukünftig über zentrale Infrastrukturkomponenten des Bundes (konkret: über einen zentralen Bekanntmachungsservice beim Beschaffungsamt des BMI) erfolgen wird, befindet sich derzeit noch in der Abstimmung.
Bereits ab dem 14.11.2022 ist allerdings die Verwendung von eForms grundsätzlich möglich – vorausgesetzt, die Strukturen der Datenerfassung sind durch den jeweiligen Plattformbetreiber bereits umgesetzt und die eForms in die eigene Lösung integriert. Das bedeutet, dass das EU-Amtsblatt im Zeitraum vom 14.11.2022 bis zum 24.10.2023 sowohl Bekanntmachungen auf Grundlage der aktuellen Standardformulare nach der Durchführungsverordnung 2015/1986 als auch solche auf Basis der neuen eForms nach der eForm-Durchführungsverordnung akzeptieren und veröffentlichen wird. Im Online-Portal TED werden sowohl die aktuellen Standardformulare als auch die neuen eForms angezeigt werden. Dementsprechend stehen Bietern auch bereits ab dem 14.11.2022 neue Recherchefunktionen zur Verfügung, die auf den Seiten des EU-Amtsblatts schon jetzt erklärt werden (siehe unter folgendem Link).
In Deutschland sind jedoch in einem ersten Schritt zunächst noch die Bund-Länder-Kooperation und natürlich anschließend der Gesetzgeber in der Pflicht, die Umsetzung der eForms auf den Weg zu bringen. Dem Vernehmen nach soll ein erster Referentenentwurf für eine entsprechende Anpassung der Vergabeverordnung (VgV) noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. Sobald klar ist, wie die Umsetzung in Deutschland konkret erfolgt, werden die Betreiber der Vergabeplattformen die
eForms sodann möglichst kurzfristig in die eigenen Lösungen integrieren müssen.
Selbst wenn zwischen der Integration der eForms in die Vergabeplattformen und dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Nutzungspflicht noch Zeit sein sollte, ist Vergabestellen anzuraten, sich mit den neuen eForms vertraut zu machen, sobald sie zur Nutzung zur Verfügung stehen. Über neue Entwicklungen in diesem Zusammenhang halten wir Sie natürlich unterrichtet.
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