BGH, Urteil vom 6. Oktober 2020 –XIII ZR 21/19
Ein öffentlicher Auftraggeber („Beklagter“) schrieb heizungstechnische Sanierungsarbeiten auf Grundlage der Bestimmungen der VOB/A unterschwellig aus.
Die Klägerin gab das günstigste Angebot ab. Bei einem anschließend durchgeführten Bietergespräch teilte der Beklagte der Klägerin seine Auffassung mit, dass für einzelne Arbeitsabschnitte die parallele Tätigkeit von mindestens vier Gruppen mit je zwei Monteuren erforderlich sei. Die Klägerin wollte das Vorhaben dagegen mit lediglich zwei eigenen Monteuren ausführen und im Übrigen, soweit erforderlich, auf Leiharbeiter zurückgreifen. Durch eine E-Mail setzte der Beklagte die Klägerin sodann davon in Kenntnis, dass ihr Betrieb wegen einer unzureichenden Personalausstattung für das Bauvorhaben nicht geeignet sei und deshalb vom Bieterwettbewerb ausgeschlossen werde. Der Auftrag wurde daraufhin einem anderen Bieter erteilt.
Die Klägerin macht geltend, sie hätte den Auftrag erhalten müssen und mit diesem einen Gewinn von EUR 90.765,30 erzielt. Davon macht sie einen Teilbetrag von EUR 70.000 zuzüglich Zinsen geltend.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist zurückgewiesen worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter. Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Mit Erfolg. Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs müsse gewährleistet sein, dass mit der Bekanntmachung für jeden (potentiellen) Bieter feststeht, welche Anforderungen er erfüllen muss, um den Auftrag ausführen zu können, und welche Eignungsnachweise der Auftraggeber hierzu von ihm verlangt.Demgemäß sei die Eignungsprüfung nach § 16 Abs.2 Nr.1 VOB/A 2012 (§ 16b Abs.1 VOB/A 2019) anhand der verlangten und in Übereinstimmung mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorgelegten Nachweise durchzuführen. Nur hierdurch könne erreicht werden, dass in einem wettbewerblichen Verfahren nach transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien das wirtschaftlichste, von einem geeigneten Bieter unterbreitete Angebot ermittelt werden kann.
Da die Auftragsbekanntmachung keine bestimmten Anforderungen an die Personalausstattung der Bieter stellte, durfte der Beklagte nach Auffassung des Gerichts nicht nachträglich eine personelle Ausstattung, die die parallele Tätigkeit von vier Gruppen mit jeweils zwei Monteuren erlaubte, als Kriterium für die Eignung eines Bieters anwenden. Insofern liege ein Vergabeverstoß vor.
Bezüglich des geltend gemachten Schadensersatzes müsse nach Auffassung des Bundesgerichtshofs geprüft werden, ob der Klägerin bei fehlerfreier Fortsetzung des tatsächlich zu Ende geführten Vergabeverfahrens der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre. Bei einem auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatzanspruch eines Bieters komme es auf die objektiv richtige Beurteilung der Angebote anhand der in der Bekanntmachung geforderten Eignungsnachweise und der dort mitgeteilten Vergabekriterien an, wobei gegebenenfalls ein der Vergabestelle zukommender Wertungsspielraum zu beachten sei. Insofern könne die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz haben.
Der Auffassung des Bundesgerichtshofs ist zuzustimmen. Ein Bieter muss darauf vertrauen dürfen, dass seine Eignung anhand der zuvor veröffentlichten Eignungsanforderungen geprüft wird. Anderenfalls würde eine Manipulationsgefahr bestehen.
Auch im Hinblick auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch ist dem Bundesgerichtshof zuzustimmen. Hat ein öffentlichen Auftraggeber einen Bieter auf Grundlage nicht bekannt gemachter Eignungsanforderungen rechtswidrig ausgeschlossen und den Zuschlag wirksam auf ein Angebot eines anderen Bieters erteilt, kann der Bieter zwar nicht mehr den Rechtsweg beschreiten, um den Zuschlag zu erhalten. Rechtschutzlos steht der Bieter gleichwohl nicht da. Der Bieter kann zumindest versuchen, sich bezüglich des entstandenen Schadens beim Auftraggeber schadlos halten.
Veranstaltungen zum Vergaberecht
Wir verwenden Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit unserer Website zu verbessern und sicherzustellen, dass Sie die bestmögliche Erfahrung auf unserer Website machen. Erfahren Sie mehr.